Wie die Neue Zürcher Zeitung berichtet, erging am 15. Juli  2024 am Bezirksgericht Meilen in einem Strafverfahren ein Urteil gegen einen anerkannten, eritreischen Flüchtling (Urteil GG240 018, abgekürztes Verfahren, deshalb keine schriftliche Urteilsbegründung):

Der Verurteilte hatte zwischen Ende August und Ende November 2023 an seinem Arbeitsort, einer Tankstelle am rechten Zürichsee-Ufer, unzählige Sportwetten über den Swisslos-Terminal abgeschlossen (Tatsumme: CHF 70’633). Staatsanwalt und Verteidiger hatten sich im Vorfeld der Verhandlung auf einen Urteilsvorschlag von 10 Monaten Freiheitsstrafe wegen gewerbsmässigem, betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage geeinigt. Die Strafe sollte bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren ausgesprochen werden. Bei einer solchen Tat müsste gemäss „Tatenkatalog“ eine unbedingte Landesverweisung ausgesprochen werden. Mit Bezug auf den Flüchtlingsstatus des Angeklagten und das es sich um einen „Härtefall“ handle, hatte der Staatsanwalt auf den Antrag auf Landesverweis verzichtet (der Beschuldigte sei in der Schweiz verheiratet, habe ein Kleinkind und arbeite). Die Familie lebt teilweise von der Sozialhilfe und anderen staatlichen Beihilfen. Der Urteilsvorschlag erhielt auch einen zweiten Strafbestand (die Aufenthaltsbewilligung B war abgelaufen, der Beschuldigte will das nicht bemerkt haben). Die Zivilforderung seines ehemaligen Arbeitgebers hat er im Prinzip akzeptiert.

Urteil des BG Meilen, Einzelrichterin Verena Seiler (Mitglied des Vorstands der FDP Ortspartei Meilen):

10 Monate bedingt, CHF Verzicht auf Landesverweis, CHF 1’500 Gerichtsgebühr und CHF 2’100 Verfahrensgebühren zulasten des Verurteilten, CHF 350 an die Übersetzerin (der Mann lebt seit 2015 in der Schweiz!), CHF 2’730 an den amtlichen Verteidiger.

Aus der mündlichen Urteilsbegründung von Bezirksrichterin Seiler, gemäss NZZ: „Das Verschulden sei innerhalb des Strafrahmens noch leicht. Es handle sich bei der geschädigten Firma um ein Grossunternehmen, „das die Deliktsumme besser verkraften könne als ein kleines Unternehmen“.

Den Verzicht auf den Landesverweis hat das Gericht nicht aufgrund des Flüchtlingsstatus des Verurteilten genehmigt, sondern weil der Beschuldigte seit 2015 in der Schweiz lebt, im Hinblick auf die Familiensituation einen Härtefall darstellt und seinen Lebensunterhalt grösstenteils selber verdient hat. Auch sei er wieder gut im Arbeitsleben integriert.

Was für eine Rechtsaufassung einer Zürcher Richterin (FDP!): scheinbar ist es weniger schlimm, wenn sich ein Täter ein Grossunternehmen für seine Tat aussucht, wie wenn er ein Kleinunternehmen schädigt!

Das Zürcher Obergericht ist gefordert: Eine solche Rechtsauffassung, wie von Richterin Seiler bekundet, hat definitiv keinen Platz in unserem Staat! 

Und auch die FDP des Bezirks Meilen scheint gefordert: obwohl die FDP Schweiz offenbar nur „Positionen“ einnimmt und über kein Parteiprogramm verfügt, reflektiert diese „Position“ von Frau Bezirksrichterin Seiler nicht die „Positionen“ ihrer Partei. Nächstes Jahr sind wieder Richterwahlen!