Die Kantonsräte Prof. Dr. Donato Flavio Sconamiglio (EVP, Freienstein-Teufen), Mario Senn (FDP, Adliswil) und Romaine Rogenmoser (SVP, Bülach) haben unter dem Titel „Externe Experten der Zürcher Staatsanwaltschaften* am 25.3.2024 eine Anfrage an den Regierungsrat gestellt. Die Antwort liegt vor.

Text der Anfrage (leicht gekürzt):

In der NZZ vom 11.3.24 steht: Fall Vinzenz: Eine neue Peinlichkeit bringt die Ankläger in Bedrängnis (…). Nach dem Verdikt des Obergerichts hatte ein Sprecher der Behörde erklärt, man werde die Rückweisung beim Bundesgericht aanfechten. Als Argument führte er gegenüber der Handelszeitung ins Feld, die Staatsanwaltschaft (STA) habe die Anklage „von externen Expertinnen und Experten prüfen lassen, um auf Nummer sicher zu gehen“(…) Auf Anfrage der NZZ bestätigt die Behörde, man habe eine Fachperson „zur Qualitätssicherung“ engagiert. Um wen es sich dabei handelte und wie hoch das Honorar ausfiel, will die Staatsanwaltschaft nicht offenlegen.“ Zwei Rechtsprofessoren und der ehemalige Präsident des Zürcher Obergerichts werden im NZZ Artikel zitiert. Sie bezeichnen das Vorgehen als „höchst ungewöhnlich“, als „No-GO“ und „gravierendes Versäumnis“. Insofern bitten wir den Regierungsrat folgende Fragen zu beantworten:

  1. Auf welcher rechtlichen Grundlage kann die Zürcher Staatsanwaltschaft ihre Anklageschriften durch externe Expertinnen und Experten überprüfen lassen? Wie oft ist dies in den letzten fünf Jahren vorgekommen und welche Kosten sind dadurch entstanden?
  2. Angenommen, es gibt eine solche rechtliche Grundlage, in welchem Ausmass darf die STA zur Überprüfung ihrer Arbeit externe Experten beiziehen? Wer entscheidet über einen solchen Beizug?
  3. Angenommen, es gibt keine solche rechtliche Grundlage, was wären die aufsichtsrechtlichen Instrumente, sollte die STA trotzdem externe Experten beiziehen? Wo sind diese geregelt und wer überwacht ihre Durchsetzung?
  4. Weshalb wurde das Vorgehen der STA in der Anklageschrift nicht offengelegt?

Auf Antrag der Direktion der Justiz und des Innern (Direktorin RR Frau Jacqueline Fehr, SP) beschliesst der Regierungsrat:

I. Die Anfrage (…) wird wie folgt beantwortet:

Zu Fragen 1-4:

Gemäss Art. 4 Abs. 1 der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5.10.2007 (SR 312.0) sind die Staatsanwaltschaften in der Rechtsanwendung unabhängig. Das bedeutet, dass der Regierungsrat keinen Einblick in die Ermittlungen hat. Die gestellten Fragen sind darüber hinaus Gegenstand eines laufenden Verfahrens und werden durch die zuständigen Gerichte zu beurteilen sein. (…)

Fazit:

Bei der Beantwortung dieser Anfrage handelt es sich um eine wohl im Kanton Zürich, zumindest in den letzten drei Jahrzehnten nie gesehene Desavouierung der Legislative durch den Gesamtregierungsrat (auf Antrag der Direktion der Justiz und des Innern). Alle Grundsätze des Öffentlichkeitsrechts und einer transparenten Staatsführung werden wissentlich und willentlich nicht beachtet. Drei der vier Fragen der Kantonsräte tangieren „kein laufendes Verfahren“, sondern es werden Fragen gestellt zu Rechtsgrundlagen, Finanzen (der Kantonsrat verfügt über die Budgethoheit und nicht der Regierungsrat) sowie zur Aufsicht über die Staatsanwaltschaften (organisatorisch und personell der Direktion der Justiz und des Innern unterstellt).  

Fragen/weiteres Vorgehen:

  • lesen die Regierungsräte die Antworten ihrer Kolleginnen und Kollegen auf Anfragen aus dem Kantonsrat, bevor die Staatskanzlei diese publiziert? (Dies ist zu bezweifeln! Und falls dem so wäre, müssen zwingend Fragen zum Funktionieren der höchsten Ebene der Exekutive in unserem Kanton gestellt werden).
  • Die GPK muss sich dieser Sache annehmen und beim Regierungsrat umgehend intervenieren und nicht noch eine Subkommission bemühen!
  • Falls nur ein Hauch von Demokratieverantwortung durch unseren Kanton bläst, und um das Funktionieren unseres Rechtsstaates zu wahren, werden hoffentlich alle im Kantonsrat vertretenen Parteien eine  g e m e i n s a m e  Erklärung ihrer Fraktionen abgeben, dieses unangemessene Verhalten der Regierung und der Direktion der Justiz und des Innern verurteilen und mittels Dringlicher Anfrage die gleichen Fragen noch einmal stellen!