In der Sonntagszeitung vom 18.1.25 erhält die vom Regierungsrat 2023 im Amt eingestellte, ehemalige Rektorin der Technischen Berufsschule Zürich (TBZ) im Nachgang auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich in Form eines Interviews eine Plattform zu Rechtfertigung und Richtigstellung aus ihrer Sicht („Irgendwann habe ich der Bildungsdirektion geschrieben: Ich bin nicht aus Stein!“). 

VB.2023.00386 (URT 2023.24938)

Vorsorgliche Einstellung im Amt

In verfassungskonformer Auslegung von Art. 63 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 27a Abs. 1 VRG (Verwaltungsrechtspflegegesetz Kanton Zürich, 175.2) kann das Verwaltungsgericht eine rechtswidrige Einstellung im Amt aufheben, wenn das Anstellungsverhältnis nicht aufgehoben ist (zum Ganzen E. 2). Das vom Regierungsrat vorgelegte Aktendossier war offenkundig unvollständig; der angefochtene Beschluss beruht damit auf einer unzureichenden Aktenlage und ist schon aus diesem Grund aufzuheben (E. 5). Die Einstellung im Amt erweist sich auch materiell als rechtswidrig, da zuvor keine mildernden Massnahmen geprüft wurden (E. 6. 1), der Beschwerdeführerin keine Treuepflichtverletzung vorgeworfen werden kann, der Regierungsrat unter Berufung auf „zwingende öffentliche Interessen“ lediglich aufgrund ungeprüfter Vorwürfe und einer Medienberichterstattung die Beschwerdeführerin als Hauptverantwortliche des Konflikts an der TBZ ausmachte (E. 6. 2) und das MBA (Mittelschul- und Berufsbildungsamt) die den Kanton als Arbeitgeber treffende Fürsorgepflicht verletzt hat (E. 6. 3.). Gutheissung – Endentscheid vom 9.11.2023.

Der Fall

Im Interview in der Sonntagszeitung spielt Frau Hasler die Karte „Frau“. An der grössten Berufsschule des Kantons Zürich war der (Arbeits-) Konflikt zwischen einem grossen Teil der Lehrerschaft, Sekretariatsmitarbeiterinnen und einer aus Bern angeworbenen Rektorin eskaliert. Auch der Berufsschullehrerverband hatte Position bezogen und über den Fall wurde über mehrere Monate hinaus prominent in der Zürcher Presselandschaft berichtet. Gemäss dem Präsidenten des Verbandes hatten vierzehn von sechszehn Verwaltungsmitarbeitenden der Schule unter Rektorin Haslers Schulleitung gekündigt (Sonntagszeitung, 19.1.25). Die Zustände an der Schule waren so schwierig, dass die Bildungsdirektion gezwungen schien, die Reissleine zu ziehen und die Rektorin vorläufig in ihrem Amt einzustellen. In der Zwischenzeit ist ein neuer Schulpräsident und ein neuer Rektor im Amt; die Schule ist wieder zur Ruhe gekommen. Die im Amt eingestellte Rektorin wehrte sich vor Gericht (sie klagte u. a. auf 6 Monate Gehalt) und hat nun Recht bekommen. Der Kanton muss die Gerichtsgebühren und eine Parteienentschädigung bezahlen. So weit, so u. a. Sache. Nur, aus der Urteilsbegründung sticht hervor: Das vom Regierungsrat vorgelegte Aktendossier war offenkundig unvollständig; der angefochtene Beschluss beruht damit auf einer unzureichenden Aktenlage und ist schon aus diesem Grund aufzuheben (E. 5).

Fragen

Natürlich werden jetzt von Seiten der Bildungsdirektion Standardseiten aufgezogen: „Das Arbeitsverhältnis sei in im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst worden. Man habe über die Einzelheiten Stillschweigen vereinbart“ (Sonntagszeitung 19.1.25).

Dennoch stellen sich Fragen über Fragen:

  • Wer hat die Bildungsdirektion vor Verwaltungsgericht vertreten? Wurde/n diese Personen ausreichend instruiert und mit den nötigen Akten dokumentiert? Oder war die Eingabe beim Gericht etwa geradezu trölerisch? Warum waren die Akten „dürftig“ und unzureichend zusammengestellt?  Wer ist dafür verantwortlich? Der Amtschef und der zuständige Abteilungsleiter oder eine juristische Stabsstelle, welche sich mit Personalkonflikten im Zürcher Bildungswesen befasst?
  • Sind die Bildungsdirektion und das Mittelschul- und Berufsbildungsamt unter Dr. Niklaus Schatzmann, Amtschef sowie dessen Abteilung Berufsschulen und Ausbildung organisatorisch und personell  für Krisensituationen eingerichtet und vorbereitet? Werden in Zukunft Administrativuntersuchungen zügig in Auftrag gegeben und dafür deren Resultat abgewartet, bevor personelle Entscheide getroffen werden?
  • Werden sich die für die Bildungsdirektion und solche Fälle zuständigen Aufsichtskommissionen des Kantonsrats (Geschäftsprüfungskommission, GPK und Aufsichtskommission Bildung und Gesundheit, ABG) –  im Hinblick auf leider auch in Zukunft nicht vermeidbare Arbeitskonflikte im Zürcher Bildungswesen – mit dem Fall befassen, nötige Abklärungen vornehmen und wo nötig Verbesserungen in den Arbeitsabläufen fordern?
  • Im Zusammenhang mit der (teilweise einseitigen materiellen?) Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts stellen sich auch Fragen zur Zusammensetzung der für das Urteil verantwortlichen Gerichtskammer und zu den Parteizugehörigkeiten deren Mitglieder (Vorsitz Reto Häggi Furrer, FDP, Marco Donatsch, Die Mitte und Martin Bertschi, Grüne, sowie Gerichtsschreiber David Henseler.