Dankenswerterweise haben sowohl Tagesanzeiger als auch Neue Zürcher Zeitung in den vergangenen Wochen wieder vermehrt über Gerichtsfälle und -urteile informiert.

Ob dies einer geänderten redaktionellen Praxis  zu verdanken oder nur „Langeweile“ respektive dem saisonbedingten Fehlen von anderen Themen (die Strafgerichte arbeiten im Gegensatz zur Politik auch in der Sommerferienzeit…) zuzuschreiben ist, sei dahingestellt.

Unter dem Titel „Sie schoben den Einkaufswagen einfach an der Kasse vorbei“ berichtet die NZZ in ihrer Ausgabe vom 22.8.2024 über drei Rumänen und eine Rumänin, welche vom Bezirksgericht Uster wegen bandenmässigen Diebstahls verurteilt wurden (Urteile GG240 035 und GG 240 038 – noch nicht rechtskräftig).

Einer Bande von rumänischen Kriminaltouristen und Ladendieben wird vorgeworfen, in unterschiedlicher Zusammensetzung in der Zeit vom Oktober 2023 bis Januar 2024 in Filialen von Coop und Migros Einkaufswagen mit Spirituosen und anderen hochwertigen Gütern gefüllt und an den Kassen „vorbei geschoben“ zu haben.

Die drei Herren waren anlässlich der Taten jeweils als „Touristen“ in unseren Kanton gereist. Nicht so die Frau, die 44-jährige Rumänin lebt seit 2018 in der Schweiz (aufgrund welcher Tatsache sie eine Aufenthaltsbewilligung in unserem Lande erhielt, wird im Bericht nicht eingegangen, es ist aber davon auszugehen, dass die Dame aus zivilstandsrechtlichen Gründen – sie hat einen dreieinhalbjährigen Sohn – ihre Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde).

Alle drei Kriminaltouristen wurden vom Einzelrichter lic. iur. Sandro Bertoluzzo, FDP (Gemeiderat Dübendorf, Mitglied FDP Dübendorf) zu 7 Jahren Landesverweis verurteilt.

Nicht so die 44-jährige Rumänin, welche sich vor Gericht gemäss NZZ für Ihre Taten entschuldigte und das Gericht bat, keinen Landesverweis gegen sie auszusprechen. Dies mit der Begründung in Rumänien könne sie ihrem Kind kein Leben bieten und ab September habe sie auch wieder eine Hundert-Prozent-Arbeitsstelle.  Die Frau, gemäss NZZ, ist in der Schweiz vorstrafenlos, sei aber in Irland 2016 zu einem Monat Gefängnis wegen Diebstahls verurteilt worden.

Einzelrichter lic. iur Sandro Bertoluzzi, FDP, scheint den Argumenten der Täterin auf den Leim gekrochen zu sein: Er verurteilte die Dame zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten, aber zu keinem Landesverweis. Begründung gemäss NZZ: Auch bei ihr sei Bandenmässigkeit gegeben, nicht aber Gewerbemässigkeit…Als Fahrerin habe sie zwar eine wichtige Rolle innegehabt, es sei jedoch unklar, welchen Anteil am Delikterlös sie erhalten habe. Zudem habe die Täterin ja in der Schweiz gearbeitet (Anmerkung der Tribüne: wie wenn das eine Rolle spielte – siehe in diesem Zusammenhang auch Die Tribüne vom 16. Juli 2024 „Bezirksgericht Meilen: skandalöse Urteilsbegründung einer FDP-Richterin“)

Gemäss NZZ begründete Richter Bertoluzzi sein unverständliche Urteil weiter wie folgt:

Es handle sich auch beim den Taten der Frau um eine sogenannte Katalogtat für einen unbedingten Landesverweis, dieser dürfe aber nicht dem Völkerrecht widersprechen. Die Frau stelle keine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Schweiz dar, und es könne ihr keine negative Rückfallprognose gestellt werden.

Ob die Staatsanwaltschaft gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil Berufung einreichen wird, ist (noch) nicht bekannt.

Und – ganz gemäss gängiger-, unverständlicher Praxis unserer Gerichte – wurden die Geschädigten auch in diesem Falle auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen. Diese Praxis m u s s  endlich geändert werden – und das durch einen entsprechenden Gesetzesvorstoss  der Politik auf eidgenössischer Ebene (zwingende Vorgabe an die Gerichte, Schadenersatz in die Strafurteile einzubauen). Doch unsere Politiker in Bern scheinen auch dieses Problem nicht aktiv angehen zu wollen, es zu ignorieren oder weiter zu „pennen“!