Ein Schelm, wer vermutet, die zwei Kantonsspitäler hätten sich abgesprochen. Das Universitätsspital Zürich, USZ (-49 Mio) und das Kantonsspital Winterthur, KSW (-49.5 Mio) schreiben für das Geschäftsjahr 2023 einen praktisch deckungsgleichen Verlust. Die EBITDA-Marge der beiden Spitäler lag gemäss Medienmitteilung des USZ bei 2%, gemäss Mitteilung des KSW bei -2.9% (Vorgabe der Gesundheitsdirektion: utopische 10%). Und die Eigenkapitalquote des USZ lag bei 50.3%, beim KSW lag sie bei 49.5%.
Wer die Medienmitteilung zum Geschäftsbericht des USZ vom 9. April 2024 liest, muss vermuten, dass berichtet wird, was gefällt: „Das USZ bekräftigt, durch Erreichen der Eigentümervorgabe von 10% EBITDA zukünftige Investitionen selber tragen zu können“. Was für eine Schaumschlägerei! Ja, wenn das Universitätsspital externe Geldgeber findet, welche ihm Fremdkapital (in Form von Anleihen) zur Verfügung stellt, wird es weiter „selbständig“ funktionieren können, so wie derzeit viele andere Spitäler im Kanton Zürich mit „Leistungsauftrag“ der Gesundheitsdirektion, GD.
Auf die Universität Zürich, UZH werden wohl auch unvermeidliche Mehrkosten für den geplanten Monumentalbau der Stararchitekten Herzog % de Meuron für das «Forum UZH» an der Ecke Universitätsstrasse/Gloriastrasse zukommen. (Auch) die UZH wird nicht in der Lage sein, die Mehrkosten zu stemmen und diese werden dann unweigerlich vom Kanton übernommen werden müssen. USZ und Kispi, wie alle kantonalen Kliniken und die grösseren Spitäler im Kanton, verfügen über eine „implizite Staatsgarantie“. Die Steuerzahler werden für höhere Zechen aufkommen müssen – Steuererhöhungen werden eher früher wie später unausweichlich.
Geradezu als seldwylanische Posse muss deshalb folgende Aussage des Spitalrats des USZ vom Sommer 2023 betrachtet werden: „Strategie USZ 2030 – wir wollen uns unter den zehn besten Spitälern der Welt positionieren“. Zu einem Weltklasse-Spital gehört ein positiver Selbst-finanzierungsgrad und ein solcher ist für das USZ aufgrund seiner grossen Bautätigkeit bis weit in die 30er Jahre hinein utopisch.
Versteht die Mehrheit der Kantonsparlamentarier etwas von Finanzen? Wohl wenig bis nichts. Und doch werden Jahr für Jahr, auf Antrag der Regierung, Milliardenbudgets beraten, vielmals noch erhöht, sowie Milliardenkredite gesprochen. „Man“ vertraut den präsentierten Zahlen und verändert, wo Gusto herrscht
Wer nimmt auf Ebene Kanton Einsicht in die Bilanzen und Erfolgsrechnungen der Spitäler? Die Finanzzahlen des USZ werden jährlich durch die Kantonale Finanzkontrolle, eine über alle Zweifel erhabene, professionell agierende Behörde, überprüft. „Hinter verschlossenen Türen“ (in Sitzungen mit den kantonsrätlichen Aufsichtskommissionen, der Finanzkommission, FIKO, der Aufsichtskommission Bildung und Gesundheit, ABG, der Geschäftsprüfungskommission, GPK sowie mit der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit, KSSG) wird oft Tacheles geredet. Aber damit hat es sich dann meist: Kritiker und Kritikerinnen sind durch das Behördengeheimnis gebunden, wenige bis keine Änderungen und Korrekturen werden beschlossen, wenig wird öffentlich.
Die Kantonale Finanzkontrolle hat zu wenig Kompetenzen – ein mit umfassenden Kompetenzen ausgestatteter „Cour des Comptes“ (analog dem staatlichen Aufsichtsorgan in Frankreich), fehlt dem Kanton Zürich. Und auch ein mit umfassenden Kompetenzen ausgestatteter Kantonaler Controller ist längst überfällig.
Die Gesundheitsdirektion, GD wird wohl die Bilanzen und Erfolgsrechnungen des Kinderspitals (Kispi) in den vergangenen Jahren erhalten haben. Die Eleonorenstiftung, Trägerorganisation des Kispi, untersteht jedoch der Kontrolle der Justizdirektion, JI (via die der JI unterstellten BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich) und die Eleonorenstiftung ist derzeit zahlungsunfähig.
Das Kispi musste soeben von der GD mit mindestens CHF 160 Mio vor dem Konkurs gerettet werden, Grund: Mehrkosten für einen weiteren, neuen Spitalneubau von Herzog & de Meuron. Es ist fraglich, ob die GD die Bücher der Stiftung regelmässig eingesehen hat? Und die GD hat wohl auch die Bilanzen und Erfolgsrechnungen der GZO Spital Wetzikon, welche aufgrund eines weiteren Neubaus auch vor der Zahlungsunfähigkeit steht, eingesehen. Doch erst jetzt, viel zu spät, werden Konsequenzen gezogen. Ein Antrag auf einen Notkredit über CHF 160 Mio oder eine Garantie des Kantons zugunsten der GZO Spital Wetzikon wurde soeben von der GD abgelehnt. Der für die schlechte Finanzlage (aufgrund eines Neubaus) zumindest mitverantwortliche Verwaltungsrat der GZO Spital Wetzikon (er hat 2023 am Spital auch die 38-Stunden Woche eingeführt) hat angekündigt, gegen den Entscheid der GD zu klagen.
Die Departemente des Kantons werden wohl die meisten Bilanzen und Erfolgsrechnungen von durch sie subventionierten Unternehmen und Organisationen zur Information erhalten. Fragt sich nur, wann? Wann im Folgejahr nach dem Bilanzstichtag oder sogar später? Kontrollieren die Departemente diese Zahlen zeitgerecht und wie? Fraglich! Beispiel dafür ist wiederum die Eleonorenstiftung. Hat „man“ deren Absturz kommen sehen, hat die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich umgehend die JI, die GD, die Finanzdirektion, FD und in diesem Falle wohl auch den Gesamtregierungsrat umgehend informiert und gewarnt? Eher nein. Und auch in der GD selber scheint sich niemand der Bilanzzahlen und der Erfolgsrechnung der Eleonorenstiftung angenommen zu haben – oder doch? Wer trägt die Verantwortung für das „Übersehen“ der misslichen Finanzlage? Der Gesamtregierungsrat, die GD, die FD, die JI – oder alle gemeinsam? Werden personelle Konsequenzen folgen? Wohl auch nicht – das höchste der Gefühle wäre wohl ein Rücktritt des Stiftungsrates der Eleonorenstiftung und die Einsetzung einer kommissarischen Leitung. Nur wer veranlasst das? Die Stiftungsaufsicht oder die ihr vorstehende, jetzt noch für eine weitere Baustelle verantwortliche, immer magistral und ganz pointiert linkspopulistisch auftretenden Justizdirektorin?
Fakt: es ist zwanzig nach zwölf! Zwingende, neue Vorgaben drängen sich auf:
– Die Regierung muss ihren Stall in Ordnung bringen. Ein Kantonaler Controller mit umfassenden Kompetenzen gehört eingesetzt oder die Finanzkontrolle muss endlich mit einem zeitgerechten Pflichtenheft ausgestattet werden,
– Die Bilanzen und Erfolgsrechnungen und die Revisionsberichte aller Subventionsempfänger des Kantons, sowie aller dem Kanton unterstehenden oder mit impliziter Staatsgarantie bedachten Organisationen und Unternehmen, sind jährlich bis Ende März der Finanzdirektion einzureichen. Die Finanzdirektion prüft die Finanzzahlen und Berichte bis zum 30.9. hat die die zuständigen Direktion und den Gesamtregierungsrat zu informieren, falls sie die Finanzkontrolle mit erweiterten Abklärungen beauftragt haben.