„Winning for Zürich and Switzerland“ steht auf dem Mietgitter, welches nicht weit weg von meiner Wohnung durch die Behörden meiner Wohngemeinde aufgestellt wurde um sicher zu gehen, dass die Bürger gut eingesperrt nur dort und kanalisiert an die Rennstrecke gelangen, wo von den Organisatoren gewünscht.

Und genau diese Situation beschreibt den angerichteten Schaden: einmal mehr geht viel Vertrauen in die Obrigkeit verloren. „Die da oben“ tun sowieso, was sie wollen, hört man immer mehr. Wer gibt ihnen das Recht, die Freiheiten der Bürger einzuschränken, dieses Recht hat doch nur der Bundesrat? – so geäussert durch einen Mitbürger im Bus am Morgen. Und von Seiten eines Politikers und Kantonsrates wird lapidar festgestellt, „man“ könne da sowieso nichts tun, das höchste aller Gefühle sei wohl eine Fraktionserklärung oder eine Anfrage im Kantonsrat und diese seien sowieso nur Pour la Galerie. 

So wie anlässlich von Corona, werden auch während der Gummi-WM die Bürgerrechte massiv eingeschränkt –  im Unterschied zu Corona aber im Falle der Seldwyler Gummifestspiele absolut sinnlos und unerklärbar! Ein Absprerrband hätte genügt und nicht zig- teuer gemietete Absperrgitter. Und der Verkehr könnte fast normal fliessen. Dazu ein paar temporäre Sperrungen von Quartierstrassen während einiger Stunden vor den Rennen für die Materialwagen, auch das hätte genügt…und nur ganz wenige Bürger hätten sich an den Velofestspielen gestört. Aber nein – jemand verdient auch hier an uns Steuerzahlern, und das nicht wenig.

Meine Gemeinde und deren rühriger Gemeindepräsident ist voller Jubel ob dem Anlass. Er lässt lokale Fanzonen einrichten und auch dafür wird noch weiter Steuergeld und werden Arbeitsstunden von staatlichen Arbeitnehmern verlocht. Brot und Spiele auf dem Dorfplatz nennt man das!

Als „Organisatorin“ tritt eine sogenannte „Host Region Zürich“ auf: „Die Stadt und Region Zürich vereinen auf kleinstem Raum Natur, Kultur und Kulinarik von Weltformat“ schwadroniert die teure, für den Anlass engagierte Werbeagentur auf der Webseite der Organisatoren. Zur „Zürich 2024 Family“ – den Grosssponsoren – gehören staatliche, mehrheitlich steuerfinanzierte Institutionen, wie die Zürcher Kantonalbank, SRF 3, die Suva, die ETH, SRF und die Schweizer Armee – alle wohl auch mit ein paar Gratistickts für ihre Führungselite bedient, damit sich diese auf der VIP-Tribüne mit der Cervelat-Prominenz sonnen und mit Häppchen und Gratisgetränken den Magen stopfen kann.

Apropos Armee: unsere nicht einsatzfähige Trachtentruppe figuriert im Web und auf gedruckten Programmen als prominenter Sponsor des Grossanlasses. Gemäss zuständigem Amt für Militär und Zivilschutz des Kantons Zürich leisten Angehörige des Zivilschutzes maximal 7’360 Diensttage, dies sei vom Bund bewilligt. Was soll das? Die Wirtschaft muss an 7360 Tagen auf Angestellte verzichten, welche sich im Dienste des Vaterlandes um einen Profi-Anlass kümmert (Lauberhorn lässt grüssen). Das ist nicht Aufgabe der Landesverteidigung und des Zivilschutzes!

Ein Vorzeige-Stadtpräsident, Berufspolitiker und Verwaltungsratspräsident eines prominenten Lokalspitals und Kantonsrat schwänzte die Sitzung des Kantonsparlaments und wohl auch seine Kommissionssitzung: er musste in seinem Dorf am Start eines Rennens teilnehmen. Und der Kantonale Sportdirektor verteilt mit Verve Medalliensätze. So viel zu den Tages-Aufgaben unserer hochbezahlten Berufspolitiker…

Zum Fanaufkommen: die Organisatoren erwarten 850’000 Zuschauer an der Rennstrecke. Ein Wunschdenken! Ob an den beiden letzten und einzigen eventuell gut besuchten Renntagen der Elitefahrer ein grösseres Fanaufkommen verzeichnet werden kann? Schon sicher wie das Amen in der Kirche ist, dass diese Traumzahl nicht erreicht wird. Bis zum finalen Wochenende herrscht Leere auf den gesperrten Strassen und Quartieren neben der Rennstrecke. Beispiel dafür ist die Dufourstrasse, im Zürcher Seefeld, auf welcher seit einer Woche die Mäuse Rodeo spielen.

Dafür gewärtigen die Ladenbesitzer und Gewerbetreibenden im Zürcher Seefeld zum Teil Einnahmeausfälle von über 75%, was die verantwortlichen Politiker keinen Deut zu interessieren scheint. Eine Staatshaftung besteht nicht und Entschädigungen seitens der Organisatoren der Veranstaltung gibt es keine. In einer Aussprache mit besorgten Klein-Unternehmern rieten die Verantwortlichen der Stadt: «Macht doch einfach ein paar Tage zu!» (Inside-Paradeplatz). Rat dazu aus einer weiteren Amtsstube: „Sie können ja eine bis zwei Wochen Ferien machen und wissen von dem Anlass seit zwei Jahren, was ja wirklich genug Vorbereitungszeit bedeutet hätte“. Der von Einnahmeausfällen betroffene, unternehmerisch denkende Gewerbler, welcher an der Rennstrecke eine Verkaufsstand einrichten will, berichtet von CHF 1000.- Gebühr, welche er dafür an die Stadtvögte abliefern muss!

Was kostet eigentlich der Braten? Politik und Organisatoren sprechen von einer Wertschöpfung von rund CHF 45 Mio.

Dieser Betrag wird  wohl nicht erreicht, auch wenn man die Hoteleinkünfte im Grossraum Zürich mit einrechnet (obwohl die Zürcher Hotellerie jeweils im September auch ohne einen weiteren Anlass sehr gut ausgelastet ist).

Aber was kostet der Braten die Öffentliche Hand? Die Stadt Zürich hat rund CHF 10 Mio gesprochen, der Kanton hält dazu still, die Gemeinden mehrheitlich auch.

Gesichert sind nur die finanziellen Kosten für Kanton und Kommunen, Wirtschaft und Gewerbe: diese belaufen sich auf weit über CHF 30 Mio, und das ohne eine Volksabstimmung und eine Kreditbewilligung durch den Kantonsrat.

Wer sind die Planer dieses rundum schon heute gelungenen Anlasses?

Die Schnapsidee, die Rennstrecken von verschiedenen Ausgangspunkten im Kanton Zürich alle zum gleichen Ziel am Sechseläutenplatz in der Innenstadt von Zürich zu führen, wurde vom für die Planung mitverantwortlichen Zürcher Stadtrat und Präsidenten der FDP Kanton Zürich, dem rüstigen Rentner Filippo Leutenegger, zusammen mit den Renn-Organisatoren ausgeheckt.

Zürich entwickelt sich immer mehr zu einer Festhütten-Stadt: praktisch kein Wochenende, an welchem nicht ein Grossanlass und mehrere Demonstrationen stattfinden, so auch am ersten Sonntag während der WM eine grosse Velodemonstrationen mit Bewilligung der Sicherheitsvorsteherin der Stadt Zürich Karin Rykart (Grüne)

Die Polizei von Stadt und Kanton ist am Limit, polizeiliche Aufgaben in den Bereichen Sicherheit und Kriminalität werden massgeblich vernachlässigt, trotz Urlaubsperre während des gesamten Gaga-Anlasses – von irgendwo müssen die Sicherheitskräfte ja abgezogen werden.

So auch im Kanton Zürich, wo der Kantonale Sicherheitsdirektor und Medallien-Conferencier, Sonnenkönig Mario Fehr verantwortlich zeichnet. Am letzten Tag des Anlasses, am Sonntag, 29.9.24 hat er noch den autofreien «slow up» (freie Bahn für Skater, Velos, Kickboards etc. entlang des rechten Zürichseeufers) bewilligt.

Dafür meint Stadtrat und Vorsteher Sportdepartement, Filippo Leutenegger: «Die Stadt hat die Gelegenheit, sich von der schönsten Seite zu zeigen». Von einer Vereinbarung mit den grossen Wirtschaftsverbänden und dem HEV für ein Drei-Phasen-Verkehrskonzept, welche zum Rückzug einer grossen Anzahl von Einsprachen führte und den Anlass überhaupt ermöglichte, will die rot-grüne Stadtregierung nichts mehr wissen! Gewerbe und Verbände sind höchst empört.

Wer sind die hauptverantwortlichen Politiker von Kanton und Stadt neben Mario Fehr und Filippo Leutenegger?

Es sind dies die Zürcher Stadträtin Karin Rykart und ihr grüner Parteikollege, Martin Neukom, kantonaler Baudirektor zusammen mit der städtischen Baudirektorin, Simone Brander (SP), beide Ausführungsgehilfen beim Abbau von Schwellen, Herausspitzen von Kreiseln, Lichtanlagen sowie dem Aufbau von Hunderten von Absperrungsgittern, von Überführungen und von vielen, vielen Pollern für den Anlass.

Kennzeichnend für die in der Zürcher Politik derzeit herrschende Mentalität steht ein Zitat des gescheiterten, freisinnigen Regierungsratskandidaten und derzeitigen Direktors von Auto-Schweiz, Peter Grünenfelder (FDP): «Die Rad-WM in der Stadt Zürich ist ein Symbol für den Grössenwahn der Möchtegern-Beat Breus in der Politik» (NZZ a. Sonntag). Noch im Wahlkampf stehend stellte der gleiche Politiker fest: «Ich besitze kein Auto und fahre vor allem Velo»…

Fazit:

Neu gelebte Demokratie in unserem Kanton ist, wenn Wirtschaft und Gewerbe willentlich marginalisiert werden und die herrschende Festhütten-Mentalität durch die verantwortlichen Exekutiv-Politiker Teufel komm raus umgesetzt wird.

Und es wurde und wird viel Schaden angerichtet: der Vertrauensverlust seitens der arbeitenden Bürger und der Steuerzahler ist enorm und dieses kann nicht einfach in einer Legislatur wieder zurück gewonnen werden!