Der Verein Zürcher Kunstgesellschaft, Träger und Betreiber des Kunsthauses Zürich, mit mehr als 24’000 Mitgliedern, ist in Schieflage. Eine Sanierung ist unausweichlich. Wie die meisten Kunstinstitutionen in unserem Land „überlebt“ das Kunsthaus nur mit massiver Unterstützung des Staats (2023: rund CHF 14 Mio). Die buchmässige Überschuldung des Vereins beträgt per 31.12.23 rund CHF 4.5 Mio.
Für die Verbindlichkeiten des Vereins haftet ausschliesslich das (derzeit negative!) Vereinsvermögen…
Vom Betreiber des Kunsthauses getrennt ist die Stiftung Zürcher Kunsthaus. Ihre Zahlen liegen nicht vor. Es ist zu hoffen, dass die Rechnung der Stiftung Zürcher Kunsthaus für das Jahr 2023 zumindest ausgeglichen ist und nicht auf den Spuren der Eleonorenstiftung (Trägerin Kinderspital) folgt. Der Stiftungszweck der Stiftung Zürcher Kunsthaus besteht in der Pflege und Förderung des öffentlichen Kunstlebens der Stadt Zürich durch dauernde, kostenlose Überlassung der Liegenschaften des Kunsthaus Gebäudebestandes an den Verein Zürcher Kunstgesellschaft. Die Stiftung ist Eigentümerin der Liegenschaften und ist zuständig für alle Geschäfte, die damit zusammenhängen, namentlich für die Erstellung und den Unterhalt der Gebäude im Dienste ihrer Zweckbestimmung, sowie die Verpachtung von Flächen für gastronomische Angebote. Für Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung der Liegenschaften erhält die Stiftung Beiträge der Stadt Zürich, welche sich aktuell auf CHF 4.88 Mio belaufen. Die Stiftung Zürcher Kunsthaus wird vom Stiftungsrat geführt, der aus dem Präsidenten (Kaspar E. A. Wenger) und sechs weiteren Mitgliedern besteht. Ein Geschäftsleiter führt das Tagesgeschäft.
Dem Verein Zürcher Kunstgesellschaft stehen neben der Stiftung Zürcher Kunsthaus, die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde und die Förderstiftung Kunsthaus-Erweiterung nahe.
Es ist hoffentlich davon auszugehen, dass die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich (der JI von Frau Regierungsrätin Jacqueline Fehr unterstellt) bei den zwei „Kunsthaus-Stiftungen“ – im Gegensatz zur Trägerstiftung des Kinderspitals (Eleonorenstiftung) – keine unangenehmen Feststellungen betreffend derer Finanzlage machen muss.
Nachdem der Kanton, via die Gesundheitsdirektion, der Trägerstiftung des Kinderspitals Nothilfe zugesagt hat, wird nun wohl auch der Verein Zürcher Kunsthaus mit einem Hilfegesuch an den Staat (Stadt Zürich und den Kanton?) gelangen.
Die Jahresrechnung des Vereins Zürcher Kunstgesellschaft weist per 31.12.23 eine buchmässige Überschuldung von CHF 4.5 Mio aus. Aufgrund von Mehrkosten im Zusammenhang mit der Eröffnung der Kunsthaus-Erweiterung hat sich die buchmässige Überschuldung des Vereins Zürcher Kunstgesellschaft nach einem Jahresverlust von CHF 1.586 Mio neu auf CHF 4.5 Mio erhöht. Darüber im Detail hat Insideparadeplatz zuerst berichtet. Die Mitgliederbeiträge sind im vergangenen Jahr leicht auf CHF 2.64 Mio gesunken, der Betriebsbeitrag der Stadt Zürich ist auf rund CHF 13.3 Mio (+CHF 0.34 Mio) gestiegen, die Beiträge des Kantons Zürich beliefen sich auch leicht erhöht auf CHF 0.73 Mio. Der Personalaufwand stieg markant auf rund CHF 17 Mio (von rund CHF 16.3 Mio). Das Gehalt der seit 2022 tätigen Direktorin des Kunsthauses, Frau Ann Demeester, beträgt stolze CHF 0.307 Mio.
Der Vorstand der Zürcher Kunstgesellschaft (Präsident: Dr. Philipp M. Hildebrand, Vizepräsident und Finanzvorstand: Dr. Conrad M. Ulrich, Mitglieder: Dr. Uli Sigg und Dr. M. Weinberg, alle von der Kunstgesellschaft gewählt; Corine Mauch, Stadtpräsidentin Zürich, Murielle Perritaz, beide vom der Stadtrat gewählt; Jakob Diethelm, Vertreter des Personals; Hedy Graber, Dr. Madeleine Herzog, beide vom Regierungsrat gewählt; Franz Albers, Vertreter der Vereinigung Zürcher Kunstfreunde) „sei der Auffassung, dass die Zahlungsfähigkeit und auch die Fortführungsfähigkeit des Vereins Zürcher Kunstgesellschaft gegeben ist“, so Insideparadeplatz.
Aufgrund einer Aufgabenteilung „zahlt“ die Stadt Zürich Jahresbeiträge an das Kunsthaus, die Tonhalle und das Schauspielhaus, während „der Kanton“ jährliche Finanzierungsbeiträge an das Opernhaus leistet. Daneben zahlt der Kanton einmalige Beiträge an die drei von der Stadt finanzierten Institutionen, so geschehen an den Verein Zürcher Kunstgesellschaft, mit einem vom Kantonsrat im Jahr 2023 bewilligten Kredit über CHF 2.014 Mio, wovon CHF 0.73 Mio im Jahr 2023 (Rest noch offen).
Gemäss Webseite des Kunsthauses „verfügt der Betrieb aufgrund seiner Vereins-Struktur und eines hohen Eigenwirtschaftlichkeitsgrades über einigen Spielraum in der Angebotsentwicklung und -umsetzung.“ Mehr als 200 Mitarbeiter halten das Kunsthaus am Laufen.
Was nun?
Der illustere (auch hier FDP-nahe) Vorstand des Vereins und die nahestehende Vereinigung Zürcher Kunstfreunde ist gefordert. Im Gegensatz zur Eleonorenstiftung, welche nicht ohne massive, zusätzliche Hilfe des Kantons aus dem Sumpf gezogen werden kann, ist eine Sanierung des Vereins Zürcher Kunstgesellschaft relativ einfach möglich (Budgeteinsparungen und mittels Acquisition von Spenden und Legaten) und muss o h n e zusätzliche, staatliche Hilfe geschehen.
Die Struktur auch dieses, staatlichen getragenen Defizitbetriebes muss dringendst überdacht werden.
Es ist an der Zeit, dass sich die Politik wieder wichtigeren Angelegenheiten im Kanton Zürich – und dazu gehören insbesondere der Kantonale Finanzausgleich und die grossen Defizittreiber – zuwendet und sich nicht mit Marginalien, wie leider so oftmals, befasst.
Die Einsetzung einer kantonsrätlichen Sonderkommission, welche sich der grössten Defizittreiber (Spitäler, Schulen, Universitäten und grosse Kulturinstitutionen) im Kanton und der Neuordnung des Kantonalen Finanzausgleichs annimmt, ist überfällig.
Seitens privater Fördervereine und -stiftungen von Spitälern, Schulen und Kulturinstitutionen muss eine fachlich breiter abgestützte, weniger Filzvorwürfen ausgesetzte, personelle Besetzung ihrer Schlüsselpositionen erfolgen, würde doch eine Verstaatlichung nicht nur teurer für die Steuerzahler, sondern wohl auch grundsätzlich nicht zu kostengünstigerem und verantwortungsbewussterem Wirtschaften führen.
Leider sind private Fördervereine, ohne den in unserem Lande immer weniger verankerten Milizgedanken, nur noch schlecht und recht weiter aufrecht zu halten, geschweige denn deren Strukturen einfach zu verbessern!